Gute Gründe für problemorientierten Biologieunterricht

Es gibt viele gute Gründe für wissenschaftspropädeutischen Unterricht -einige finden Sie hier.

Jugend forscht

Ein ganz praktischer Grund: Projekte wie Jugend forscht profitieren enorm von diesem Unterrichtsverfahren --und das in zweierlei Hinsicht.

1. Fragen finden:
Die Schüler gewönnen sich an, Dinge zu hinterfragen, Probleme zu erkennen und sich nicht mit einfachen Antworten zufrieden zu geben. Nicht alle Fragen muss man als Lehrer beantworten, warum sollten die Schüler ihren Fragen nicht auch in eigenen Forschungsprojekten nachgehen?

2. Wissenschaftliches Arbeiten:
Schüler, die problemorientiert unterrichtet werden, lernen wesentliche Aspekte wissenschaftlicher Vorgehensweise kennen. Sie wissen um die Bedeutung von Kontrollexperimenten, sie sind geübt im Planen eigener Experimente und sie können angemessene Hypothesen aufstellen.

Sinnhafte Arbeitsaufträge

Oft ist es schwer, für Schüler plausible Gründe für die Arbeitsaufträge zu finden. Warum sollen die Schüler den Stengelquerschnitt mikroskopieren? Was soll eigentlich die Herzpräparation, außer, dass sie aufregend ist?

Stellen die Schüler eine Frage auf, die sie beantworten wollen, haben sie sich selbst ein Ziel gesetzt. Nun macht es Sinn, das Herz zu zerschneiden. Mit der Frage ist automatisch ein Beobachtungsfokus gegeben: Wieso fließt das Blut im Herzen nur in einer Richtung? Nun kann nach Klappen oder Ventilen gesucht werden.

Problemorientierter Unterricht ermöglicht über gut sichtbar an der Tafel aufgeworfene Fragen und Hypothesen für die Schüler, das Ziel ihres Handels zu erkennen.

Transparenz des Themas

Sobald die Problemfrage an der Tafel steht, ist das Thema der Stunde bekannt. Die Schüler wissen, worum es geht. Manchmal ist Schülern nach 30 Minuten noch nicht klar, was eigentlich Thema der Stunde ist, dies wird mit dem Stellen der Problemfrage verhindert.

Außerdem ist es möglich, auf das Thema zu verweisen, wenn die Beiträge zu weit abweichen (allerdings ergeben sich daraus oft auch die interessantesten Fragen).

Vorwissen wird einbezogen

Im Idealfall werden Vorwissen und Präkonzepte der Schüler vor der Unterrichtsreihe erfasst und sie entsprechend auf die Klasse angepasst. Dies ist aus Zeitgründen nicht immer möglich, auch sind diese Informationen allgemein und auf die Unterrichtsreihe bezogen, nicht aber auf das Stundenthema.

Durch das Aufstellen von Hypothesen im problemorientierten Unterricht äußern die Schüler ihre Vorstellungen und bringen ihre Konzepte und Ideen ein. Dadurch gewinnt der Lehrer wichtige Informationen, an welcher Stelle Verständnisschwierigkeiten zu erwarten und welche Fehlvorstellungen vorhanden sind. Ohne dieses Wissen könnte man nicht darauf reagieren.
Die Hypothesen geben dem Lehrer wichtige Informationen an die Hand, so dass er verhindern kann, dass der Unterricht an den Schülern vorbeiläuft.

Wichtig sind diese Informationen auch für den Fortgang der Reihe. Stellen die Schüler beispielsweise bei der Wasserabgabe von Pflanzen nicht nur die Hypothese auf, dass die Blätter für die Transpiration sorgen, sondern darüber hinaus, dass Öffnungen in den Blättern vorhanden sein müssen, kann man sich die folgende Problemfrage zu den Spaltöffnungen (und damit 5 Minuten Unterrichtszeit) sparen und gleich Überprüfungsmöglichkeiten für diese Hypothese sammeln und in der nächsten Stunde ein Blatt mikroskopieren lassen.

Wissenschaftspropädeutik

Das problemorientierte Vorgehen folgt der hypothetisch-deduktiven Methode, also dem Verfahren, das eines der wesentlichen Säulen wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung ist.

An verschiedenen Stellen lassen sich bei diesem Unterrichtsverfahren auf einer Meta-Ebene wichtige Aspekte von wissenschaftlichem Arbeiten ansprechen.

Beispiel 1: Sind Hypothesen beweisbar?
Die Schüler haben für den Wassertransport gegen die Schwerkraft im Stängel die Hypothesen 1) Druck aus den Wurzeln und  2) Sog aus den Blättern aufgestellt. Nach Auswertung eines Versuchs, bei der Tinte von Blättern hochgesogen wurde, wollen die Schüler diese Hypothese nun als richtig markieren und sehen keinen Grund, die andere Hypothese zu überprüfen. Um so erstaunter sind die Schüler, dass auch aus einem Stängelstumpf vom Wurzeldruck Wasser nach oben in eine Glasröhre  gedrückt wird.
Hieraus folgt die Erkenntnis, dass sich Hypothesen prinzipiell nicht bestätigen lassen, nur eine Negierung ist möglich. Das eine Hypothese mit einem Versuch nicht negiert wird, bedeutet nicht, dass sie (alleinig) als Erklärung zutrifft.

Beispiel 2: Verschiedene Erklärungsmöglichkeiten in der Biologie
Die Schüler stellen Hypothesen zur Frage auf, wieso wir einen gerichteten Blutkreislauf haben. Möglich wären Hypothesen zur Ursache wie 1) Klappen im Herzen, 2) Ventile und so weiter. Andererseits kommen auch fast immer Hypothesen zum Zweck wie 3) damit das sauerstoffarme Blut nicht zurückfließt oder 4) damit das Blut an allen Organen vorbeikommt.
Hier können die Schüler durch explizite Thematisierung (z.B. durch das Ordnen der Hypothesen) die beiden grundsätzlichen Typen von Hypothesen und Erklärungen erfassen: Einige geben die biologische Funktion an (3+4), andere dagegen die Ursache (1+2). Diese beiden verschieden Erklärungsmöglichkeiten finden sich nur in der Biologie und die Unterscheidung der beiden Ebenen ist wichtig, weil sie nicht auf gleiche Weise für wissenschaftliche Untersuchungen zugänglich sind.

Dadurch, dass man dem wissenschaftlichen Erkenntnisweg folgt, lassen sich gut die oben erwähnten und viele weitere Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens ansprechen.

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