Schwierigkeiten des Unterrichtsverfahrens

Welche Schwierigkeiten ergeben sich beim problemorientierten Biologieunterricht und wie kann man sie lösen?

Das Thema ist zu abstrakt - hier gibt es einfach keine Probleme!

Es gibt eine Reihe von Themen, die so abstrakt oder allgemein sind, dass man Schwierigkeiten hat, sie problemorientiert aufzubereiten. Was soll z.B. an Nahrungsbeziehungen im Wald problematisch sein?

Das Problem ist die Betrachtungsebene: Von ganz oben betrachtet (Systeme, allgemeine Themen) ergibt sich selten etwas Fragwürdiges. Der Lehrkraft bleibt vermeintlich nur Instruktionsunterricht: "Beschreibt das Diagramm", "informiert euch über...", ...

Die Probleme finden sich dagegen im Detail, wenn man genau hinsieht: Aus der Vogelperspektive muss man sich ganz nach unten in den Morast begeben. Das gefundene Problem dient als Aufhänger, wird wie üblich gelöst, dabei werden ganz nebenbei die wesentliche Punkte deutlich, die Abstraktion/Verallgemeinerung kann von Schülern geleistet werden.

Beispiel Nahrungsbeziehungen:

1. Möglichkeit: Man präsentiert eine Nahrungspyramide auf Folie. Die Schüler erklären sie. Fertig.

2. Möglichkeit: Man präsentiert eine Folie über Belastung mit Giftstoffen (oder Radioaktivität oder was immer sich in einer Nahrungskette ansammelt). Bei der Gegenüberstellung von Konsumenten verschiedener Ordnung stellt sich heraus, dass die Konzentration stark unterschiedlich ist. Die Schüler fragen nach Gründen und formulieren Hypothesen.

Bei der 2. Möglichkeit ergibt sich im Verlauf eine Nahrungskette oder die Nahrungspyramide, additional ergeben sich weitere Themenbereiche, etwa die Gefahr für den Menschen durch Giftakkumulation...

Weitere Beispiele für Aufhänger im Bereich Nahrungsbeziehungen: Borkenkäferplage, Folgen des Aussterbens einer Art (Zeitungsartikel: "Wissenschaftler warnen" -Frage: Wieso?), ...

Die Möglichkeiten, die sich ergeben, sind unendlich, wenn man nur die Vogelperspektive verlässt und im Dickicht nach Problem sucht.

Einzelne Schüler wissen schon, wie das Problem gelöst wird

Es gibt immer einige besonders gut informierte Schüler, die bereits vom Thema gehört haben. Sie können auf anhieb gut begründet eine zutreffende Hypothese formulieren, die anderen Schüler trauen sich nun nicht mehr, eigene Hypothesen aufzustellen. Noch schwieriger: Der Schüler formuliert gar keine Frage oder Hypothese, sondern erklärt von vorne herein, wie das gezeigte Phänomen funktioniert...

Nur weil einzelne Schüler bereits Vorkenntnisse haben, bedeutet das aber nicht, dass alle 33 anderen Schüler ebenfalls bereits die Lösung kennen, außerdem sind natürlich auch bei den guten Schülern nicht alles präsent, was in der Stunde behandelt werden sollte.

Folgendes Verfahren bietet sich an:
• Die laufend gut informierten Schüler kommen erst später dran
• Bei ihren Hypothesen sollten sie genauer erklären, was sie meinen, hier können dann Lücken  bzw. der Klärungsbedarf abgeschätzt werden, so dass auch diese Schüler etwas davon haben
• Sie werden in der Lösungsplanung II, den Überprüfungsmöglichkeiten stärker eingebunden

Behauptungen wie "so ist es und nicht anders" können einfach als Hypothese aufgeschrieben werden.

Die Schüler überspringen die Frage

Oft kommt es vor, dass die Schüler darauf verzichten, eine Frage zu stellen. Sie bringen gleich Lösungsmöglichkeiten oder ihre Ideen ein.

In diesem Fall kann man auch erst die Hypothesen sammeln lassen und nach einer Sammel- bzw. Diskussionsphase auffordern, die Frage zu stellen, die die Hypothesen beantworten.

Ergeben sich mehrere Fragen haben die Schüler gleich eine Einteilung der Hypothesen geschaffen und man kann daran das Vorgehen strukturieren:

• Welche Frage finden die Schüler wichtiger/lohnenswerter?

• Welche Hypothesen sollen zuerst beantwortet werden?

• Gibt es Abhängigkeiten der Hypothesen/Fragen untereinander?

• Gibt es Hypothesen auf zwei Ebenen (ultimate und proximate Ursachen)?

In jedem Fall sollte eine Frage formuliert werden, damit jederzeit deutlich ist, welchem Zweck die Untersuchungen dienen. So bleibt die Arbeit fokussiert und für die Schüler transparent.

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