Hier finden sich eine (wachsende und eher ungeordnete) Sammlung von grundsätzlichen Einstiegsmöglichkeiten --jeweils als Oberbegriff formuliert und mit mindestens einem Beispiel versehen.
Sammlung von Einstiegsmöglichkeiten
Betonung selbstverständlicher Tatsachen
Jedem ist bekannt, dass Säuglinge sich ausschließlich von (Mutter-) Milch ernähren können. Diese Kenntnis verblüfft niemanden.
Bringt man dieses Wissen auf eine Folie: "Säuglinge können sich für mehr als 6 Monate ausschließlich von Muttermilch ernähren!", beginnt eine Diskussion unter den Schülern, der in der Frage mündet, was die Muttermilch alles enthalten muss, damit ein kleiner Mensch nur davon leben kann. Einem Nachweis der Grundnährstoffe in der Milch steht nichts mehr im Wege.
Durch die Betonung oder Herausstellung einer selbstverständlichen Tatsache gelangt sie in Blick der Schüler, plötzlich erscheint sie nicht mehr so logisch und die Fragen oder Überlegungen ergeben sich von selbst.
Als Hilfsimpuls bietet sich im Notfall "erklärt bitte!" an, spätestens hier wird den Schülern klar, dass auch Selbstverständliches frag-würdig ist.
Fehler
Einfach erkennbare Fehler lassen Schüler nach der richtigen Lösung suchen. Hier gibt es viele Möglichkeiten für Einstiege:
• Ein abgedrucktes Gespräch mit einer offensichtlich falschen Behauptung
• Eine Abbildung mit einer falschen Reihenfolge
• Eine Abbildung mit Fehlern
Beispiel: Es gibt ein schönes Bild zu Tieren im Winter, auf dem an einem sonnigen Wintertag die Fledermaus durch die Gegend fliegt, ein Storch Frösche jagt und Reh und Fuchs im Winterschlaf liegen. Die Schüler können viele Darstellung als falsch erkennen, fragen sich dann aber doch bei dem ein oder anderen Tier, wie es durch den Winter kommt. (Quelle: CDs von "Rund um... BIOSkop 5/6", Westermann Verlag)
Merkwürdige Regeln
Oft gibt es Regeln und Verbote, deren Sinn auf den ersten Blick nicht verständlich ist. Sie bieten sich an, weil die Schüler entweder Widerspruch äußern oder versuchen die Regeln zu begründen, also Hypothesen aufstellen.
Beispiel: Die KMK hat Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht veröffentlicht. In einer Regel heißt es, dass Schüler nicht auf Stiften kauen dürfen, da sie schwermetallhaltige Verbindungen enthalten können. Jeder Schüler hat schon einmal einen Stift im Mund gehabt und fragt sich nun, was an Schwermetallen so gefährlich ist. Wird dieser Einstieg in der Einheit Enzyme gewählt, liegt es nahe, dass die Schüler eine Beeinflussung von Enzymen vermuten.
Wichtig ist, dass von solchen Regeln die Begründungen entfernt werden, die bereits die Antwort auf die Frage enthalten. Wenn also die KMK in ihrer Regel erklärt, dass Schwermetalle Enzyme hemmen, sollte dieser Teil entfernt werden.
Oft sind diese Regeln zwar gut gemeint, doch sind sie nach unserem Kenntnisstand unsinnig. Trotzdem können auch diese Regeln als Aufhänger dienen, es muss am Ende nur eine kritische Bewertung der Regeln stattfinden.
Beispiele hierzu:
• "Blumen müssen nachts aus Krankenzimmern entfernt werden." Damit könnte die Zellatmung in den Blick genommen werden. Meines Wissens nach wird dies in Krankenhäusern aber nicht mehr praktiziert.
• "Nicht mit vollem Bauch schwimmen gehen." Diese Frage könnte zur Erarbeitung von Sypathikus und Parasympathikus führen. Dennoch ergeben neuere Untersuchungen kein Notwendigkeit für diese Regel.
Vereinfachte Darstellung in Büchern o.ä.
Darstellungen z.B. in Schulbüchern sind oft stark vereinfacht. Diese Modellvorstellungen entsprechen der Realität nur in geringem Maße, wenn man dann eine Eigenschaft darstellt, die die modellhafte Darstellung nicht erklären kann, kommt es zum kognitiven Konflikt und die Schüler werfen die Frage auf.
Entweder man untersucht dann das Originalobjekt auf die vermuteten Eigenschaften und/oder entwickelt ein besseres Modell, dass die neue Eigenschaft inkorporiert.
Beispiel: Die Lunge wird in vielen Biologiebüchern als hohler Raum dargestellt und prägt so die Vorstellung der Schüler. Ein hohler Raum in der Größe der Lunge (z.B. ein Luftballon)
Eigentlich handelt es sich dabei auch um eine Form der verfremdeten Darstellung, die von den Schülern aber nicht mehr als solche wahrgenommen wird, da sie in Schulbüchern regelmäßig mit ihnen konfrontiert werden.
Verfremdung
Vieles Alltägliches wird nicht in Frage gestellt, weil man nicht darüber nachdenkt.
Im Epischen Theater nach Brecht gibt es dazu den so genannten V-Effekt. Aus Wikipedia: Der Verfremdungseffekt besteht im Kern darin, dem Betrachter vertraute Dinge in einem neuen Licht erscheinen zu lassen und so die Widersprüche der Realität sichtbar zu machen.
Das funktioniert nicht nur im Theater: Durch eine verfremdete Darstellung wird man dazu gezwungen, zu erklären, wie es wirklich ist und an dieser Stelle werden die offenen Fragen deutlich, Hypothesen können aufgestellt werden.
Comicfiguren können gut als Ausgangspunkt dienen. Wenn Biene Maja mit 2 Armen und 2 Beinen Honigeimer durch die Gegend fliegt oder ein Regenwurm mit Sonnenbrille und großen Ohren auf einer Folie gezeigt wird, stellen die Schüler diese Darstellung in Frage. Ihre Vorstellungen äußern sie in den Hypothesen.
Besonders gut funktioniert dies in Klassen mit kritischer Haltung, die dem Lehrer sofort Ungenauigkeiten nachweisen. (Hilfsimpuls: "Seid ihr mit dieser Darstellung einverstanden?" oder "Nehmt zu dieser Darstellung Stellung!")
Ein weiterer Vorteil von Comics: Sie heben sich vom alltäglichen (Biologie-) Unterricht ab und sprechen ein den Schülern vertrautes Medium an.
Dieser Einstiegstyp überschneidet sich mit dem Einstiegstyp Fehler.